Warum 2018 wieder ein Außenseiter Weltmeister wird – ein Text von Laurenz Schreiner.

„Ich glaube, Saudi-Arabien gewinnt die WM“, schrieb mir ein Freund nach dem glücklichen 2:1-Sieg der deutschen Mannschaft. Das ist natürlich Schwachsinn, da kann auch ein Towarttrainer Oli Kahn nichts ändern. Aber zumindest die Möglichkeit, dass am 15. Juli ein Team den goldenen Pokal in den Himmel recken wird, das sich bislang noch niemand als Weltmeister vorstellen kann und das bei bwin mit einer höheren Quote als Deutschland, Brasilien und die anderen Bekannten eingestuft wird, scheint dieses Jahr so wahrscheinlich wie selten zuvor.

Ein Grund dafür ist, dass zwei Topfavoriten dieses Jahr gar nicht dabei sind: Italien und Holland, die mit ihren Starensembles sonst immer als Titelkandidaten gelten, sind beide auf dem Weg nach Russland an Schweden (sogar ohne Zlatan) gescheitert. Damit reduziert sich der enge Favoritenkreis auf die Mannschaften um Titelverteidiger Deutschland, Brasilien, Spanien und Frankreich. Mit viel Wohlwollen zählen auch noch Argentinien, England und Europameister Portugal zu den Anwärtern auf den Sieg. Aber keine dieser Mannschaften wirkt dieses Jahr übermächtig oder unschlagbar.


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Now the World Cup can officially begin #minoraiola

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Ihm bleibt in diesem Jahr nur die Zuschauerrolle: Zlatan Ibrahimovic.


Deutschland enttäuschte in der Vorbereitung und man kann den Eindruck nicht ablegen, dass ein Satz wie „Best NeVer Rest“ eher für die Wünsche des Sponsors steht als für das Kernmotto des Teams. Deutschland spielt fehlerhaft und die Spieler wirken kaum motiviert, sondern eher genervt vom nächsten Großturnier. Selbst Kicker wie Hummels oder Müller hätten in diesem Sommer sicher auch nichts gegen einen Strandurlaub mit einem Moscow Mule in der Hand einzuwenden gehabt. Brasilien steht und fällt mit der Freiheit, die die verteidigenden Teams Neymar gestatten, und hat ähnlich wie Argentinien mit Messi oder Portugal mit Ronaldo auch in diesem Jahr kein so ausgeglichenes Team, dass sie die WM gewinnen könnten. Bei Spanien soll es tatsächlich Iniesta noch einmal richten – und auch wenn Janosch neben ihm im Mittelfeld „Alternativen von Weltklasseformat“ sieht, so denke ich, dass Busquets, Thiago, Koke oder Ñíguez keinesfalls an die wahre Weltklasse von ehemaligen Kickern wie Xavi oder Alonso heranreichen und für die Iberer daher spätestens nach dem Halbfinale der Bus direkt zum Flughafen fahren kann. Außerdem kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die Entlassung des Trainers einen Tag vor Turnierstart einen positiven Effekt auf die Leistung der Furia Roja haben wird. Bleiben von dem Siebenerkreis noch Frankreich und England. Und ja, England ist wahrscheinlich so stark wie seit Jahren nicht mehr, allein der Angriff mit Kane, Sterling, Welbeck, Vardy und Rashford ist fantastisch. Gegen England spricht wohl nur das langjährige Torwartproblem: Joe Hart bleibt zu Hause, aber auch Butland von Stoke oder Pickford von Everton sind keinesfalls Keeper a la Neuer oder de Gea. An Frankreich gibt es in diesem Jahr nichts zu kritisieren, das muss man akzeptieren. Aber jeder weiß, dass in einem Fußballfinale alles möglich sein kann, solange kein Sergio Ramos zwei Spieler hintereinander ausknockt. Und wenn es im Finale Frankreich gegen Team X lange 0:0 steht, der Videoschiedsrichter nach einer Ecke auf einmal ein Handspiel von Paul Pogba im eigenen Strafraum sieht und Spieler X den Elfer versenkt, ist alles möglich.


„Nichts zu kritisieren“ – die Franzosen schicken ein starkes Team nach Russland.


Doch wer ist dieses Team X bei der WM 2018? Wer kann in Griechenlands Fußstapfen der Euro 2004 treten und komplett aus dem Nichts die gesamte Welt überraschen? Welches Team hat „Russia’s Next Charisteas“ dabei? Drei Teams könnte der große Triumph in diesem Jahr gelingen: Senegal, Uruguay und Kroatien.

Warum, lest ihr hier, wenn die Teams die Vorrunde überstanden haben.

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2 Kommentare zu „Alto Belli WM-Gedanken: Zeit für ein neues Griechenland

  1. Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich den Artikel mit großem Vergnügen gelesen.

    Ich beziehe mich zunächst mal auf die drei potentiellen Überraschungsmannschaften die am Ende Großes erreichen können. Ich halte weder Kroatien noch den Senegal für wirklich potente Kandidaten. Ich könnte mir eher vorstellen, dass eine Mannschaft die wirklich in Form ist, wie Belgien, tatsächlich einen großen Wurf landen kann. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass eine Mannschaft wie Dänemark ganz plötzlich eine gute Rolle spielen kann. Die Erfahrung sagt aber, dass am Ende vermutlich doch wieder Spanien, Frankreich, Brasilien und Deutschland im Halbfinale stehen werden.

    Noch ein Wort zu den Engländern. Du hast recht, die Namen im Angriff klingen hervorragend. Sie können aber nicht alle gleichzeitig spielen. Ich schätze den Rest der englischen Mannschaft eher durchschnittlich ein und würde sagen, dass das erreichen des Viertelfinales bereits ein großer Erfolg wäre. Ich glaube aber, dass es für England schon früher nach Hause geht.

  2. Hi Leselöwe, vielen Dank für deinen Kommentar, sorry, dass ich erst jetzt antworte!

    Belgien und auch Dänemark sind noch gute Ergänzungen, wobei Dänemark offensiv eigentlich nur auf Eriksen setzen kann… Belgien war bislang überragend, hatte aber auch keine wirklichen Gegner und wird heute Abend eine B-Elf aufstellen, da wird also das Achtelfinale der erste wirkliche Check.

    Denn bei deinen Halbfinalisten ist ja seit gestern ein Platz frei, vielleicht für England, Belgien oder Kroatien? Was Kroatien gegen Argentinien gespielt hat, war groß. Sehr aggressiv, gute Stürmer und Luka Modric als Spielmacher. Gehst du da mit?

    Grüße

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