Die deutsche Nationalmannschaft hat sich bei der 0:1-Auftaktniederlage gegen Mexiko wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Ideenlos, behäbig, nicht bissig genug – im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden muss das DFB-Team ein anderes Gesicht zeigen, um nicht deutlich früher als erwartet die Heimreise anzutreten. Was lief falsch und was muss sich nun ändern? Ein Kommentar von Janosch Franke.
Eigentlich lässt Deutschland bei einem Auftaktspiel nichts anbrennen. In den letzten Jahren startete das DFB-Team stets souverän in die großen Turniere. Deshalb war ich auch vor dem Mexiko-Spiel guter Dinge, dass sich dieser Trend fortsetzen würde. Schnell wurde mir und auch allen anderen Zuschauern in der valencianischen Sportsbar, in der ich die Partie verfolgte, jedoch klar, dass dies heute ein Geduldsspiel für die deutsche Mannschaft werden würde. Mexiko stand gut, musste sich angesichts der wenig kreativen Angriffsbemühungen der Deutschen aber auch nicht wirklich anstrengen. In der 35ten Minute kam es dann, wie es kommen musste: Lozano markiert das 0:1 für el Tri. Angesichts des frühen Rückschlags bin ich wenig überrascht und denke positiv: „Immerhin noch genug Zeit um das Ergebnis umzubiegen.“
Meine Hoffnungen auf Besserung werden jedoch herb enttäuscht. Von einem wirklichen Aufbäumen ist auch in Hälfte zwei nichts zu sehen. Timo Werner bekommt im Sturmzentrum höchstens eine handvoll Bälle zu Gesicht. Mesut Özil taucht völlig ab – das ist ja an sich nichts ungewöhnliches, allerding vergisst er an diesem Tag seine Mitspieler darüber zu informieren, dass er nicht vorhat wieder aufzutauchen. Thomas Müller wirkt auf dem Flügel völlig verloren, verpasst es aber auch selbst die Initiative zu ergreifen und die Laufwege ins Zentrum zu suchen. Toni Kroos muss das Spielgerät meist quer zum Nebenmann schieben, weil seine Vorderleute nur in den allerseltensten Momenten durch ein einfallsreiches Laufspiel oder einen schnellen Positionswechsel den Weg für einen vertikalen Pass öffnen. Joshua Kimmich versucht zwar die Offensive zu unterstützen und für überraschende Momente zu sorgen, dass er dabei das Verteidigen völlig vernachlässigt, macht die Sache aber nicht besser. Die Liste an Fehlern und Versäumnissen im Offensivspiel könnte ich noch weiter fortsetzen, ich halte einen Vorausblick an dieser Stelle aber für die cleverere Alternative.
Natürlich war die Leistung am vergangenen Sonntag nicht eines Weltmeisters würdig, trotzdem muss man anerkennen, dass die Mexikaner taktisch hervorragend eingestellt waren und sicherlich der unangenehmste Gruppengegner sind. Wir sollten von Glück reden, dass dieser Rückschlag und der damit verbundene Weckruf bereits so früh kamen. Nun steht die Mannschaft bereits im zweiten Gruppenspiel unter Druck und sollte doch aus der Lethargie der ersten Begegnung erwachen. Es liegt ja zweifelslos nicht an der Qualität des Kaders, dass die Nationalmannschaft Mexiko unterlag. Vielmehr fehlten die Körpersprache und der absolute Siegeswillen. 50% reichen bei einem Turnier auf diesem Niveau einfach nicht und das sollte jetzt doch auch in den Köpfen der Spieler angekommen sein. Schweden ist weiß Gott kein angenehmer Gegner. Sie werden tief stehen und versuchen gegen den Weltmeister lange die Null zu halten. Trotzdem hat die schwedische Mannschaft lange nicht die Qualität vergangener Jahre und sollte einem wachen DFB-Team keine Probleme bereiten.
Mit Jonas Hector wird der gesetzte Linksverteidiger in die Startelf zurückkehren und hoffentlich auch ein wenig mehr offensiven Schwung mitbringen als Marvin Plattenhardt, der hinten seine Sache zwar ordentlich machte, in der Vorwärtsbewegung aber so gut wie gar nicht in Erscheinung trat. Im Mittelfeld stehen mit Gündogan, Goretzka und Reus zudem weitere hervorragende Alternativen bereit. Wen Jogi letztlich ins Rennen schickt, ist seine Sache und wird zumindest im Schwedenspiel noch keine entscheidende Rolle spielen. Wichtig ist, dass wir dieses Mal statt 50% die vollen 100% auf den Rasen bringen. Wenn das gelingt, mache ich mir keine Sorgen.