Tor

„Manuel ist wieder voll belastbar. Sein Fuß zeigt keine Reaktion“, meinte Löw letztens. Das ist natürlich ein Widerspruch für den normalen Fußballfan, der auf schnelle Reaktionen von der Nummer 1 auf der Linie und überall sonst auf dem Feld, wo Neuer grade herumspringt, hofft. Also was jetzt? Dass aus Neuers Fuß noch nicht der „Fuß der Nation“ wurde und die Sorgen auf der Position gering sind, liegt am Stellvertreter ter Stegen. Auch wenn Neuers Fuß am Abflugtag nach Russland wieder eine Reaktion zeigen sollten, wäre wahrscheinlich niemand beunruhigt, wenn er den lieber auf der Ersatzbank hochlegen würde. Denn ter Stegen ist eingespielt und kommt im Vergleich zu Neuer mit dem Selbstbewusstsein, noch vor kurzem einen Trainingsfreistoß von Messi um den Pfosten gelenkt zu haben.

Trotzdem kann natürlich nur Neuer die Nummer 1 sein, völlig egal, ob er davor im DFB-Pokalfinale gegen Frankfurt zwei Mal gegen Marius Wolf pariert hat oder frisch aus dem Training in das erste Spiel gegen Mexiko geht. Denn Neuer ist Neuer, der beste Torwart der Welt. Der Torwart, der gegen Algerien Steilpässe an der Mittellinie abgefangen hat, Benzemas Hammer an einer Hand hat zerschellen lassen und im Finale Higuain aus dem Strafraum gerammt hat, sodass der nicht mehr wiederkommen wollte. Allein zu wissen, dass da ein Manuel Neuer im Tor steht, wird Stürmer wie Neymar beeindrucken und Hummels und Boateng zusätzlich stärken. Ohne Neuer wäre Deutschland nicht Weltmeister geworden. Und ohne Neuer wird Deutschland nicht Weltmeister werden.


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Kann Manuel Neuer trotz fehlender Matchpraxis der gewohnt sichere Rückhalt sein?


Wer als dritter Torwart mitfährt, ist bei der Weltklasse der ersten beiden eigentlich egal, denn er wird eh nicht spielen. Wer sich also hinter Hildebrand, Butt und Zieler einreiht, ist die unwichtigste Entscheidung bei der Kaderplanung. Wahrscheinlich wird es auf Bernd Leno hinauslaufen, der ja die letzten Jahre eh schon Ersatztorwart war. Na gut.

Für mich gesetzt: Neuer, ter Stegen, Leno

 

Abwehr

Drei Bayern-Spieler sind hier unumstritten, an Hummels, Boateng und Kimmich kommt höchstens mal ein Ronaldo vorbei. Auch wenn Boateng seit seinem Ausflug a la Lucio im Halbfinalhinspiel gegen Real Madrid ein Zwicken am Oberschenkel hat, ist der Mann für die Startelf gesetzt. Das Zwicken kann er sich ja bei der nächsten Rettungsaktion auf der Torlinie wieder rausdehnen. Neben den drei Münchnern spielt Jonas Hector links hinten. Schon allein, weil der Mann mit Köln in die zweite Liga geht und damit für den Höhepunkt der vergangenen müden Bundesligasaison gesorgt hat, muss er spielen. Außerdem ist er der einzige, den Löw für hinten links hat, wenn er sich nicht endlich traut, Philipp Max trotz seiner Frisur zu nominieren. Die zweitmeisten Vorlagen der Liga sollten wichtiger sein als die Freistöße, die Plattenhardt in jedem zehnten Spiel ins Tor zirkelt.


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Eine neue Option für die linke Abwehrseite: Philipp Max.


Als Ersatz muss also Max mit. Außerdem reist Rüdiger nach Russland, der rechts hinten und auch in der Mitte spielen kann. Süle ist spätestens seit seiner Sahneleistung gegen Real Madrid auf der Bank gesetzt und kann wie bei Bayern in ein paar Jahren Boateng und Hummels ersetzen. Er erinnert mit seiner Statur ein bisschen an Traianos Dellas, der bei der Europameisterschaft 2004 als „Koloss von Rhodos“ Griechenland zum Titel geführt hat, nur dass Süle mehr Tattoos und die Schnelligkeit hat, mit einer Teleskopbeingrätsche vor dem einschussbereiten Ronaldo zu retten. Als Backup für Kimmich hat Ginter gute Karten, weil Höwedes zu lange verletzt war und bei Juve seitdem etwas unter dem Radar fliegt. Ginter ist außerdem sehr aktiv bei Instagram und ich habe Lust auf paar Details aus dem deutschen WM-Hotel. Kimmich verletzt sich eh nicht.

Für mich gesetzt: Kimmich, Boateng, Hummels, Hector, Ginter, Süle, Rüdiger, Max

 

Mittelfeld

Das Prunkstück der deutschen Mannschaft. Und das liegt, selbstverständlich, an Toni Kroos, dem wahrscheinlich besten deutschen Spieler im Kader. Der Mann spielt die Pässe wie Igor Levitt Klavier, da kann gar nix schief gehen und jeder Akzent sitzt da, wo er sein muss. Das Ganze wird aber noch besser: Denn neben Toni dem Kroosen spielt endlich, endlich Ilkay Gündogan. Seit seinem persönlichen Interview im SZ Magazin vor zwei Jahren, wo Gündogan davon erzählt, wie hart es war, bei der EM nicht zu spielen, will man den Mann ja nur in den Arm nehmen. Das übernimmt stellvertretend für uns zur Zeit Pep, der sich bei City über Hackentore und Steilpässe von Gündogan freuen darf, die an Zinedine Zidane in seinen besten Zeiten erinnern, bevor der sich Materazzi vorgenommen hat.

Vor den beiden starten zwei Zauberfüße und ein Müller, also Sané, Özil und Müller. Sané vergisst man immer so leicht, weil der im Nationalteam noch nicht geglänzt hat. City-Fans würden ihn nie vergessen, denn in England wurde er zum besten Jungspieler der Liga gewählt. Also an alle: Ja, Sané wird links außen spielen, wie unfassbar schön ist das denn? Bei einem Fußballclub wäre er jetzt der Neuzugang, für den man vor Saisonbeginn ins Stadion einladen und ihn zehn Mal den Ball hochhalten lassen würde, damit die Fans wieder von Titeln träumen können. Neben Sané ist mit Özil der erfahrene Zehner dabei, bei dem man in jedem Spiel auf den magischen Moment hoffen darf. Oft vergeblich, aber wer, wenn nicht Özil, ist in der Lage, in einer möglichen 112. Minute der Final-Verlängerung gegen Argentinien das Tor zum WM-Titel zu schießen? Müller vervollständigt die Dreierreihe, natürlich, weil er Müller ist und da stehen wird, wo er stehen muss, um Deutschland ins Finale zu schießen.

Auf der Bank sieht es fast genauso gut aus wie auf dem Feld. Khedira kriegt als Backup für Gündogan und Kroos noch ein letztes Turnier und Goretzka hat beim Confederations Cup gezeigt, dass die Zuschreibungen „defensives“ und „offensives“ Mittelfeld bei ihm ignoriert werden können. Er spielt einfach „Mittelfeld“ und ist überall zwischen den beiden Sechzehnern unterwegs. Außerdem ist Reus endlich wieder gesund und bereit für sein erstes Turnier mit der Nationalmannschaft. Allein bei der Vorstellung, dass Löw in der 70. Minute bei einem zermürbenden 0:0 im ersten Spiel gegen Mexiko mit den Fingern schnipst und Reus sich auf den Weg an die Seitenlinie macht, sorgt für Gänsehaut. Weil ein Reus aber nicht für alle drei Offensivspieler eingewechselt werden kann, gehört Julian Brandt aus Leverkusen in den Kader. Brandt ist nach einer überragenden Rückrunde reif für Russland. Er hat einen guten Schuss aus der zweiten Reihe und eine Option, wenn Müller auf rechts außen eine Pause braucht. Das Küken im Kader ist Kai Havertz, der trotz seiner 18 Jahre schon so abgeklärt spielt wie Jonas Hector hinten links. Havertz kann Özil beerben – und damit vielleicht schon in Russland anfangen. Denn wenn nach zwei schwachen Spielen bei Özil die Schultern noch tiefer hängen als sonst, dann muss Löw handeln können. Und Havertz könnte hier sein Überraschungsass sein.


Julian Brandt und Kai Havertz sind bei Bayer 04 ein eingespieltes Team.


Für mich gesetzt: Kroos, Gündogan, Sané, Özil, Müller, Khedira, Goretzka, Havertz, Reus, Brandt

 

Sturm

Im Sturm gibt es nur eine Position zu vergeben und selbst die ist unumstritten. Es ist schön, dass Deutschland mit Timo Werner wieder einen Stürmer hat, der Stürmerdiskussionen für die nächsten zehn Jahre für erledigt erklären kann. Löw braucht nun keine Experimente mit einer falschen Neun, Götze oder Müller im Sturm zu machen, er hat ja jetzt Werner. Der Leipziger ist schnell, abschlussstark und sogar noch weitgehend unbekannt auf internationalem Boden. Die Fernsehkommentatoren aus Brasilien, Portugal und Tunesien können den Namen für die Torschreie schon einmal lernen. Ein Problem hat Werner: Er ist nur 181 cm groß. Deshalb reist Wagner als Ersatzmann mit nach Russland, der als massiver Leuchtturm im Sechzehner in der Lage ist, Flanken von Müller und Sané gegen mauernde Gegener zu verwandeln. Der Bayern-Stürmer ist außerdem ein Garant für gute Pressekonferenzen und kann vielleicht Lukas Podolski als Sprücheklopfer ablösen. Wenn er dann auch noch trifft, umso besser.

Für mich gesetzt: Werner, Wagner


Schreiners WM-Kader

Andere Meinung gefällig? Frankes WM-Kader findet Ihr hier.

 

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2 Kommentare zu „Schreiners WM-Kader

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