35km nordöstlich von Stuttgart liegt die Gemeinde Aspach. Rund 8000 Menschen leben in dem kleinen Örtchen im Rems-Murr-Kreis. Hier geht es beschaulich zu. Rund um das Dorf erstrecken sich sanft geschwungene Wiesen. Auf dem weiten Grün grasen Kühe und Pferde. Dass in dieser Gemeinde Profifußball gespielt wird, ist nur schwer vorstellbar. Den einzigen Anhaltspunkt für diese Tatsache bieten die Schilder, die den Weg zur Mechatronik Arena weisen. Folgt man diesen, gelangt man über eine enge Landstraße zu einem kleinen Waldstück, dass sich idyllisch an einen Hügel schmiegt. Hier, im Fautenhau, befindet sich die Heimspielstätte der SG Sonnenhof Großaspach, die aktuell in der 3. Liga spielt. Ein „Dorfverein“ im Profifußball – wie konnte es dazu kommen?

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Mitten in einem kleinen Waldstück liegt das Stadion der SG Sonnenhof Großaspach – die 10.001 Zuschauer fassende Mechatronik Arena.

Die Wurzeln der SG Sonnenhof Großaspach gehen – ja es klingt unglaublich – auf eine Thekenmannschaft zurück. Diese wurde in den 1970er Jahren von Uli Ferber, dem damaligen Juniorchef des Kleinaspacher Hotels „Sonnenhof“, gegründet. Die Hobbykicker spielten zunächst in der Freizeitliga des Württembergischen Fußballverbandes, begannen diese mit der Zeit aber immer mehr zu dominieren. Aufgrund der großen Erfolge gründeten die Hobbyfußballer in der Folge den FC Sonnenhof Kleinaspach und meldeten sich zur Saison 1987/88 für den regulären Spielbetrieb des WFV an. Das war der Beginn eines steilen Aufstiegs: Innerhalb von sieben Jahren kletterte der neu gegründete Klub von der Kreis- bis in die Landesliga. 1994 fusionierte der FC Sonnenhof Kleinaspach dann mit der SpVgg Großaspach aus dem Nachbarort. Aus diesem Zusammenschluss resultierte die SG Sonnenhof Großaspach, die wir heute kennen. Kontinuierlich ging es weiter bergauf: Landesliga, Verbandsliga, Oberliga, Regionalliga und schließlich 3. Liga. Der Sprung in den Profifußball gelang in der Saison 2013/14, als man sich in den Aufstiegsspielen gegen die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg durchsetzte. In der Folgesaison belegte man den 15. Tabellenplatz und hielt somit die Klasse. In der vergangenen Spielzeit spielte der vermeintliche Underdog lange sogar ganz oben mit und überwinterte auf dem zweiten Tabellenplatz. Auch wenn zu Saisonende „nur“ Rang sieben heraussprang, grenzte es an ein Wunder, wie der kleine Klub die 3. Liga aufmischte.

Trotz des sportlichen Erfolgs ist man in Großaspach bescheiden geblieben. Der prominenteste Mann im Klub ist weder ein Spieler, noch der Trainer – es ist Uli Ferber, der ehemalige Mitgründer, der heute im Aufsichtsrat der SG sitzt. Er ist der Ehemann von Schlagerstar Andrea Berg und zudem  bestens vernetzter Spielerberater, der unter anderem Mario Gomez, Bernd Leno und Antonio Rüdiger vertritt. Seine Kontakte helfen dem kleinen Klub aus dem Rems-Murr-Kreis enorm. Als Mäzen tritt Uli Ferber aber nicht auf, die SG Sonnenhof Großaspach ist finanziell komplett unabhängig. Große Sprünge sind dennoch nicht drin – auch in der Spielzeit 2016/17 liegt der Etat des Vereins erneut weit unter dem Ligadurchschnitt. Die 10.001 Zuschauer fassende Mechatronik Arena wurde von einer Investorengruppe gebaut, zu der unter anderem Uli Ferber, Andrea Berg und Mario Gomez gehörten. So konnte das Stadion ohne finanzielle Hilfe von öffentlicher Seite finanziert werden. Ein Vorteil, auf den der Klub aufbauen muss, denn die Infrastruktur ist ohne Frage ausbaufähig. Neben dem Stadion steht dem Verein lediglich noch der angrenzende Kunstrasenplatz zur Verfügung – auf lange Sicht zu wenig für Profifußball.

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Beschaulich kommt der Sportpark Fautenhau daher. Neben der Mechatronik Arena gibt es zusätzlich nur einen Kunstrasenplatz.

In Großaspach weiß man, dass in vielen Bereichen noch Ausbaupotential besteht. Das Image des „Dorfklubs“ pflegt man aber ganz bewusst. Der VIP-Bereich der Mechatronik Arena ist eine Blockhütte im Stile einer ländlichen Alm, das Maskottchen ist Dorfesel Andile und der Pressekoferenzraum befindet sich auf einer ehemaligen Kegelbahn. Selbst auf der Anzeigetafel im Stadion werden die Treffer für „das Dorf“ gezählt. Es entsteht ein Gesamtbild mit rustikalem Charme.

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An die Haupttribüne schließt eine Blockhütte an.
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Pressekonferenz auf einer ehemaligen Kegelbahn.
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Der Spielertunnel.

Es bleibt abzuwarten, wie lange sich das Dorf in der Nähe von Stuttgart im Profifußball halten kann. Auch in dieser Saison ist das Ziel erst einmal der Klassenerhalt, denn die Mannschaft hat in der Sommerpause ein völlig neues Gesicht bekommen. Elf Spieler verließen den Klub, elf neue kamen hinzu. Die größten Talente konnte die SG Sonnenhof Großaspach nicht halten, sie zog es in die 2. Bundesliga: Max Dittgen ging zum 1. FC Kaiserslautern, Tobias Schröck spielt jetzt für die Würzburger Kickers. Die SG Sonnenhof Großaspach bleibt (bisher noch) eine Durchgangsstation für ambitionierte Kicker.  Das ist die Kehrseite der Dorf-Idylle.

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