83 Tage. 83 Tage ist es her, dass Hannover 96 zum letzten Mal ein Pflichtspiel bestritten hat. Damals, am 14. Mai, verloren die Roten mit 1:3 beim FC Bayern München und verabschiedeten sich vorerst aus dem deutschen Fußball-Oberhaus. Der Abstieg meines Lieblingsteams traf mich an jenem Samstag nicht wirklich hart. Der Gang in die zweite Liga war bereits viel früher besiegelt gewesen und 96 war unter dem neuen Trainer Daniel Stendel gerade dabei, die totale Verunsicherung langsam abzuschütteln und wieder vernünftigen Fußball zu spielen. So seltsam es klingt: Ich freute mich seit diesem Spiel vor 83 Tagen auf die zweite Liga. Ich fieberte dem Saisonstart geradezu entgegen, denn ich erwartete mir einen Neustart – mit einem frischen Trainer und einer jungen, talentierten Truppe.
Gestern war es dann endlich soweit: Der erste Spieltag der neuen Zweitligasaison stand auf dem Programm. Hannover 96 musste zum Auftakt beim 1. FC Kaiserslautern antreten. Ein echter Kracher, das Aufeinandertreffen zweier Traditionsvereine! Voller Vorfreude, aber auch etwas angespannt saß ich also vor dem Fernseher und hoffte auf den ersten Sieg der Roten. Dass ich am Ende gar ein 4:0 bejubeln durfte, damit hatte ich nun wahrlich nicht gerechnet. In der Analyse fasse ich die Erkenntnisse der gestrigen Partie zusammen:
Gnadenlose Effektivität
Sechs Torschüsse, vier Treffer. Viel effizienter kann man mit seinen Chancen nicht umgehen. Die Abschlussstärke hat gestern den großen Unterschied ausgemacht. Die Kaltschnäuzigkeit der Roten erinnerte an glorreiche Zeiten unter Mirko Slomka. Wenn 96 diese Effektivität konstant beibehalten kann, werden sie zur Tormaschine der 2. Liga avancieren. Arthur „Schnecke“ Sobiech traue ich es in dieser Saison sogar zu, die Torjägerkanone zu gewinnen. Er bringt alle Anlagen mit und spürt zum ersten Mal seitdem er in Hannover ist das Vertrauen des Trainers.
Zweikämpfe angenommen
96 brauchte gestern ein paar Minuten, um in die Partie zu kommen. Kaiserslautern legte los, wie die Feuerwehr. Zunächst waren die Roten von der forschen und aggressiven Herangehensweise der Pfälzer überrumpelt, doch mit zunehmender Spieldauer nahm das Team von Daniel Stendel den Kampf an. Es ist eine wichtige Erkenntnis, dass 96 nicht nur spielerisch, sondern auch physisch dominieren kann, denn ohne Kampf geht es in der 2. Bundesliga nicht. Gerade auch das Offensivtrio (Klaus, Karaman, Sobiech) arbeitete vorbildlich gegen den Ball und zwang die -mit Verlaub – spielerisch limitierte Hintermannschaft der roten Teufel häufig zu Fehlern im Aufbauspiel.
Der Kapitän
Insgesamt sahen wir gestern eine starke Mannschaftsleistung der Roten. Trotzdem möchte ich einen Spieler besonders hervorheben. Manuel Schmiedebach scheint die neue Rolle als Kapitän sehr zu behagen. Der defensive Mittelfeldspieler riss unglaubliche viele Kilometer ab, war überall vor der Abwehrkette zu finden und bügelte des öfteren die Fehler seiner Mitspieler aus. „Schmiede“ ist sich nicht zu schade, die Drecksarbeit zu machen und geht durch sein Auftreten voran. Starke Leistung!
Das Fazit
Auch wenn alle 96-Fans gerade wieder auf Wolke 7 schweben, Abheben ist noch nicht angesagt. Keine Frage, die Roten haben gestern ein Ausrufezeichen gesetzt. Trotzdem ist festzuhalten, dass das Spiel auch ein wenig anders hätte verlaufen können. Nach wenigen Minuten hätte der 1. FC Kaiserslautern durch Marcel Gaus in Führung gehen müssen. In Rückstand wäre es deutlich schwieriger geworden am Betzenberg zu bestehen. Das weiß auch Daniel Stendel, der auf der Pressekonferenz nach der Partie anmerkte: „Das Ergebnis ist deutlich höher ausgefallen, als es der Spielverlauf hergegeben hat. Lautern hat sehr stark angefangen und uns unter Druck gesetzt. Wir hatten da das Quäntchen Glück, nicht in Rückstand zu geraten“
Gestern haben die Roten ihre Chancen im Gegensatz zum Gegner genutzt und deshalb verdient gewonnen. Doch auf diese Kaltschnäuzigkeit kann man nicht immer bauen. Alles in allem war es aber natürlich ein Auftakt, wie er im Buche steht. Ich freue mich auf die Saison!