Alles wie immer. Samstag, 15:30 Uhr, mein Mitbewohner und ich sitzen vor dem heimischen Fernseher. Unser Team – Hannover 96 – spielt in Leverkusen. Dass unsere Roten heute Punkte mit nach Hause bringen, erwartet Sascha genauso wenig wie ich. Aber wer weiß. Die erste Halbzeit gegen Darmstadt letzte Woche war ganz gut. Ein kleiner Funken Hoffnung.

Auch heute beginnt 96 solide: die Abwehr steht, wir setzen gelegentliche Nadelstiche nach vorne. Das Spiel scheint mit 0:0 in die Halbzeit zu gehen. Ich bin zufrieden und will gerade aufstehen, um mir ein neues Kaltgetränk aus der Küche zu holen, da passiert es: Ecke Chalhanoglu, Kopfball Kießling, 1:0 Leverkusen. Ernüchtert sinke ich zurück in meinen Sessel. „Warum ausgerechnet nach einem Standard?“, denke ich. „Warum ausgerechnet Kießling?“, denkt sich Sascha. Uns beiden wird bewusst, dass die Roten das Spiel wohl nicht mehr drehen können.

So ist es dann auch. 96 kann in der zweiten Hälfte keinen ernsthaften Druck auf die Bayer-Abwehr ausüben. Am Ende steht es gar 3:0 für die Hausherren. Es ist eine schwere Zeit für alle 96-Fans im Moment. Fünf Punkte Rückstand sind es bereits auf den Relegationsrang. Im nächsten Spiel gegen Mainz müssen drei Punkte her, denn die Woche danach heißt der Gegner Dortmund. Ich mustere Sascha: Er blickt mit angestrengtem Gesichtsausdruck auf die perfekte Schaumkrone seines Weizenbieres. Ich weiß genau was er denkt. „Das wird die schwerste Rückrunde seitdem wir 96 gucken“, sagt er. Ich nicke langsam.

Dass es in dieser Spielzeit nur um den Klassenerhalt gehen wird, war mir schon vor Saisonbeginn bewusst. Bisher hatte ich mich dennoch noch nicht mit dem Gedanken beschäftigt, dass mein Team nächstes Jahr in der zweiten Liga spielen könnte. Doch nun vergeht Wochenende um Wochenende ohne dass die Roten punkten und ich beginne zu zweifeln. Ich ertappe mich selber dabei, wie ich auf einer imaginären Landkarte nach Städten wie Sandhausen und Heidenheim suche.
Halt! Stopp! Noch ist es nicht so weit. 15 Spiele liegen noch vor uns und es gibt durchaus ein paar Aspekte die Mut machen:

 Zum einen ist da unser neues Sturmduo Almeida/ Szalai. Besonders beim Rückrundenauftakt gegen Darmstadt haben die beiden mir gut gefallen. Szalai bringt eine gute Ballbehandlung mit. Er kann den Ball in der gegnerischen Hälfte fest machen, Freistöße rausholen. Und der Hugo…ja der Hugo fackelt nicht lange. Ein Typ wie Almeida hat uns gefehlt. Er sucht immer den direkten Weg zum Tor und muss nicht ins Spiel eingebunden sein um einen Treffer zu erzielen.

 Auch die Genesung der zurzeit verletzten Spieler kann uns nochmal einen enormen Schub geben. Mit Andre Hoffmann ist bereits einer zurück im Team, der uns variabler macht. Der eine Alternative ist sowohl im Mittelfeld als auch in der Abwehr. Besonders sehne ich mich aber nach der Rückkehr von Uffe Bech und Hiroshi Kyotake. Sie bringen das spielerische Element mit, das uns in den letzten Wochen abging.

 Zu guter Letzt ist da ja auch noch Thomas Schaaf. Sein Einstand war natürlich (gelinde ausgedrückt) bescheiden. Aber ich bin der Meinung, dass er unser Team wieder auf die Beine bringen kann. Er redet viel, ist aktiv am Spielfeldrand. Diese positive Kommunikation ist genau das, was wir im Abstiegskampf brauchen. Die Mannschaft muss auf und neben dem Platz zusammenwachsen. Was ein intakter Teamgeist bewirken kann, hat der sensationelle EM-Gewinn der Handballnationalmannschaft gezeigt…

Die Zukunft von Hannover 96 ist ungewiss. Doch eins ist sicher: Nächsten Samstag werden Sascha und ich wieder gemeinsam vor dem Fernseher sitzen, fachsimpeln und uns darüber ärgern, dass Stefan Kießling nicht zu den Roten gewechselt ist. Alles wie immer eben.

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